Über 500 Besucher*innen bei Diskussion um Neubaustopp
Obwohl die erste Phase des geplanten Neubaus des Schulgebäudes bereits fix und fertig geplant war und die Baumaßnahmen noch in diesem Jahr beginnen sollten, wurde dieser Plan vorerst auf Eis gelegt. Ursprünglich sollten die Kosten von etwa 100 Millionen Euro größtenteils durch Kredite finanziert werden, die der Kreis als Schulträger aufnehmen wollte. Doch das Regierungspräsidium (RP) Darmstadt, in seiner Rolle als Aufsichtsbehörde, hat diese Pläne durchkreuzt.
Stillstand: Der angrenzende Parkplatz bereits gesperrt, erste Baumaschinen vor Ort, rührt sich hier vorerst nichts mehr.
Vor Jahren war hier noch der Standort der Prälat-Diehl-Schule. Abgerissen und längst neu errichtet in einem anderen Stadtteil Groß-Geraus, fehlen den BSGG seitdem die gemeinsam genutzten Naturwissenschaftsräume.
Konkret hat das RP dem Kreis Groß-Gerau die Aufnahme der erforderlichen Kredite untersagt. Dieser muss die Nettoneuverschuldungsgrenze einhalten und darf daher nicht mehr Kredite aufnehmen, als er zurückzahlen kann. Derzeit ist dies jedoch nicht möglich, hauptsächlich aufgrund eines nicht genehmigten Haushalts für 2023 und eines Finanzdefizits von rund 20 Millionen Euro.
Provisorischer Alltag: Drei Containerbauten wurden aufs Schulgelände gestellt - „Raumlösungen“, die vielleicht als Interimsbüros, aber gar nichts als Klassensäle geeignet sind.
Container statt Parkflächen: Die nun trotz Baustopp gesperrten Parkplätze am Rand des Schulgeländes verschärfen die Parkplatzsituation für das über 150-köpfige Kollegium der BSGG erheblich.
Vor Jahren war das Medienzentrum Groß-Gerau auch in diesem Container untergebracht. Doch es ist längst umgezogen in andere Räumlichkeiten - verständlich, dass man hier nicht bleiben wollte.
Biologie-Unterricht in einem viel zu kleinen Container-Raum. Praxisorientierung, Experiment-Erfahrungen? Leider nicht möglich in so beengten Verhältnissen! Dazu muss man sich auf den Weg machen zu den NaWi-Räumen der neu gebauten Prälat-Diehl-Schule: zwanzig Fußminuten hin und wieder zurück – was von der Unterrichtszeit abgeht.
Die Beruflichen Schulen Groß-Gerau hatten sich nun schon mehrere Jahre mit diesen Engpässen arrangieren müssen. Und trotzdem war man nicht untätig: Ein MINT Zentrum des Kreises Groß-Gerau wurde etabliert, welches expandiert. Und auch wenn vieles leider aufgrund räumlicher Grenzen nicht möglich war, fand der Naturwissenschaftsunterricht stets statt. Es gibt seit den letzten Jahren im Beruflichen Gymnasium die Fachrichtungen Umwelt sowie Gesundheit, letzteres wird im kommenden Schuljahr auch für den Abschluss Fachhochschulreife angeboten.
Jedes Jahr wird hunderten Schülerinnen und Schülern ein studienqualifizierender Abschluss mit berufsorientierten Fachkompetenzen vermittelt, auch mit den Fachrichtungen Wirtschaft und Verwaltung sowie Datenverarbeitung.
Nach jahrelanger Geduld dann die Absage: Der Neubau sei wegen Geldmangels auf unbestimmte Zeit verschoben!
Sabine Kämpf, seit Schuljahresbeginn Rektorin der BSGG und Leiterin der Hessischen Landesstelle für Technologiefortbildung, lud am 26. Februar 2024 zu einer Podiumsdiskussion ein. Öffentlichkeitswirksam sollte auf den schon Jahre währenden Mangelzustand aufmerksam gemacht und gezeigt werden, dass es so nicht immer weiter gehen kann.
Starkes Interesse am Erleben von Schulpolitik: Die Aula war voll besetzt.
Über 500 Gäste – so viele, dass die Sitzplätze nicht ausreichten.
Schülerinnen und Schüler des Beruflichen Gymnasiums, wenige Wochen vor den Abi-Klausuren stehend, nahmen sich der Aufgabe an, für die Verpflegung der vielen Gäste zu sorgen.
Auf dem Podium waren - anfangs gemeinsam mit der Schulleiterin:
Christian Roos, Lehrkraft für Biologie und Englisch an den BSGG
Lucas Buchmeier, Schülervertretung der BSGG
Friedhelm Ernst, Lehrkraft an den BSGG und Kreisvorstand der GEW
Danach:
Stefan Stein, Vorsitzender des Kreiselternbeirats Groß-Gerau
Dr. Marcel Walter, Geschäftsbereichsleiter Bereich: Aus- und Weiterbildung, IHK Darmstadt Rhein-Main Neckar
Florian Schöll, Geschäftsführer des Geschäftsbereichs Bildung, Handwerkskammer-Frankfurt-Rhein-Main
Schließlich:
Kerstin Geis, MdL, SPD
Sabine Bächle-Scholz, MdL, arbeitsmarktpolitische Sprecherin, CDU
Sascha Meier, MdL, Sprecher für Berufliche Bildung, lebenslanges Lernen, politische Bildung und weiterführende Schulen, Grüne
Thomas Will, Landrat des Kreises Groß-Gerau
v.l.n.r.: Friedhelm Ernst, Lucas Buchmeier, Christian Roos, Sabine Kämpf und Moderator Christian Döring
v.l.n.r.: Florian Schöll, Stefan Stein, Dr. Marcel Walter
v.l.n.r.: Sascha Meier, Kerstin Geis, Thomas Will,
Sabine Bächle-Scholz
Kommentare und Statements aus dem Publikum:
Julia Haunschild, Lehrkraft Gesundheit: „Wir können unseren Medizinischen Fachassistent*innen keine Praxis der Patientenpflege zeigen, wenn wir keine Räume mit Krankenbetten dazu haben.“
Dr. Stefan Häusele, Vorstand Sozialkasse des Gerüstbaugewerbes: „Ein Gästehaus für die Landesfachklassen Gerüstbau ist geplant – aber deren Verpflegung sollte gewährleistet werden von der Mensa des Neubaus. Wie soll das nun funktionieren, wenn es die gar nicht gibt?“
Prof. Dr. Bernhard Gross, Studiendekan Hochschule Rhein Main: „Fachkräftemangel trifft vor allem auf MINT- und Ingenieursberufe zu. In langjähriger Zusammenarbeit mit den Beruflichen Schulen Groß-Gerau sind wir interessiert daran, dass die Ausbildungsqualität auch erhalten bleibt.“
Holger Hansen, Lehrkraft an den BSGG: „Obwohl wir als MINT-Schule zertifiziert sind, fällt es uns schwer, unsere Schülerinnen und Schüler zu motivieren, wenn wir keine Ausstattung haben, keine Räume und dadurch auch nicht mit Erfolgsaussicht an Wettbewerben teilnehmen können.“
Iris Tiedemann, Lehrkraft an den BSGG, Leitung der Fachkonferenz Deutsch: „Es passiert nichts nach jedem neuen PISA-Schock – doch uns reicht es und wir tun was: Wir hatten für den Neubau freie Lernlandschaften geplant, offene Lernkonzepte. Wir könnten viel, viel mehr, als wir jetzt schon tun – wenn man uns die Möglichkeit dazu gibt.“
Moderator die Podiumsdiskussion Christian Döring: „Die Schulleitung der Beruflichen Groß-Gerau sollte fortan Frau Kämpferin heißen!“
Es bleibt abzuwarten, wie lange den BSGG noch ein unverbauter Blick aufs Brachland bleibt. Thomas Will, Landrat des Kreises Groß-Gerau, ist verhalten optimistisch: Eine Zusage des Genehmigungsausschusses vorausgesetzt, könnten die Baumaßnahmen vielleicht in einem Dreivierteljahr wieder aufgenommen werden - beginned mit einem Parkhaus, dem zumindest schon mal einer der derzeitigen Container weichen müsste.
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